Interview St.Galler Tagblatt (21. Januar 2010)

"Ich bin ein Suchender"

Vor sieben Jahren galt er als Boogie-Woggie-Wunderknale. Morgen tauft der St.Galler Pianist Elias Bernet im Gambrinus mit „Life is a ball“ sein vorzügliches Blues-Album. Darauf ist das Zweifeln und das Suchen ein Thema.

Michael Hasler

Elias Bernet, unser letztes Interview liegt ziemlich genau sieben Jahre zurück. Was unterscheidet den Elias Bernet heute von jenem Jüngling von vor sieben Jahren?
Elias Bernet: Ich bin sicher realistischer geworden. Damals dachte ich, dass die Welt und mit ihr Manager, Frauen, Champagnerbäder und die Musikbranche ganz generell auf mich warten und mich mit ausgebreiteten Armen empfangen. Dem war natürlich nicht so. Aber ich bin sehr zufrieden, wie es für mich lief.

Wahrscheinlich sind Sie St.Gallens bestverkaufter Soloartist. Ihre erste CD „Takin‘ the path home“ hat sich ausgezeichnet verkauft?
Bernet: Ich habe ursprünglich 1000 Tonträger pressen lassen und musste zwischenzeitlich CDs nachpressen. Ich schätze, dass ich mittlerweile 1300 Tonträger verkauft habe. Dies natürlich über sechs Jahre hinweg, aber ich bin sehr zufrieden.

Ihre neue CD „Life is a ball“ hat sich vom Boogie ziemlich weit weg gearbeitet und klingt nach sattem, popigem Blues.
Bernet: Der Blues war ja schon immer in mir und er hat mich in den letzten Jahren nun ganz gefunden. Ich habe als Musiker einfach nach mehr Tiefe gesucht, die ich im Blues eher auffinden konnte als im Boogie Woogie. Ich bin sicher nachdenklicher geworden, reflektiere das Leben intensiver als damals und mich interessiert mehr der Gesamtausdruck als die Virtuosität.

Auch ihre Band ist alles andere als eine Boogie-Woogie-Combo?
Das ist richtig. Ich habe eine extrem diverse Band, die Einflüsse aus dem Pop, dem Funk, dem Fusion und dem Jazz vereint. Ich bin der einzige, der aus der Blues-Ecke kommt. Das ist eine extrem spannende Kombination und vielleicht erlaubt uns gerade das, einen zeitgemässen, innovativen Blues zu spielen.

In ihren Anfängen sind Sie oft in jenem Grenzbereich von Eventpublikum und Kulturinteressierten aufgetreten. Haben Sie heute Berührungsängste vor Galas oder Events?
Nein, gar nicht, aber mein Fokus als Musiker hat sich ganz natürlich verschoben. Inzwischen sind vermehrt auch abendfüllende Konzerte und Festivalauftritte dazugekommen. Aber meine Musik erreicht heute immer noch ein sehr gemischtes Publikum, auch altersmässig. Von daher bin ich sehr offen, spiele auch weiterhin Galas oder vereinzelt auch an Hochzeiten und Firmenanlässen.

Sie studieren aktuell Soziologie in Luzern. Ist ein Musiker auf der Bühne nicht per se ein Soziologe?
Gute Frage. Das habe ich mir noch gar nie so überlegt. Aber es ist sicher nicht so, dass mich das Verhalten meines Publikums zu meinem Studium getrieben hat. Wenn, dann inspirieren mich Gedankengänge meines Studiums zu gewissen Songtexten. Gesellschaftliche und philosophische Themen interessieren mich auch in der Musik sehr. Das Studium ist auch ein Teil, nebst vielen anderen Facetten von mir. All das versuche ich, in meine Songtexte einfliessen zu lassen. Es ist mir ein Anliegen, dass meine Texte authentisch sind.

Früher, als jugendlicher Musiker, begegnete Ihnen vor allem Wohlwollen. Ist heute die Anspannung, als Erwachsener auf der Bühne zu bestehen, eine grössere?
Früher war ich unbeschwerter. Ich stand auf der Bühne und ging davon aus, dass das, was ich mache gut ist. Heute bin ich kritischer und hinterfrage mich mehr. Ich sehe mich mehr im Kontext der gesamten Szene. Und doch bin ich heute insgesamt entspannter. Aber damals wie heute geniesse ich es sehr, live spielen zu können.

Ihre aktuelle CD „Life is a Ball“ ist ein musikalisch hoch energetisches und textlich anspruchsvolles Stück Musik geworden. Immer wieder ist das Zweifeln und das Suchen ihres eigenen Wegs Thema dieses Tonträgers.
Ich bin 25 und empfinde dieses Alter als äusserst spannend aber auch äusserst anstrengend. Ich habe ja keinen konkreten Plan, wo es mit mir als Mensch und wo es mit mir als Musiker hingehen könnte. Das Album beinhaltet aber auch äusserst positive Themen, was besonders im Titelsong „life is a ball“ zum Ausdruck kommt. Ich bin mir meines Glücks bewusst, und dafür bin ich sehr dankbar. Dies ist sehr ambivalent. Auf der einen Seite empfinde ich es als Privileg, so viele Möglichkeiten zu haben, auf der anderen Seite kann die Ungewissheit und die Qual der Wahl auch belastend sein. Ich bin dabei, meinen Weg zu finden.

Das reflektieren Sie wunderbar in einem Duett mit Vera Kaa.
Ja, ich empfinde das Duett als sehr gelungen. Vera Kaa und ich führen darin einen Dialog über das Erwachsenwerden und über die Akzeptanz des Blues. Ich thematisiere in diesem Song Themen, die einen jungen Mann wie mich beschäftigen. Es war eine wunderbare Erfahrung, mit ihr arbeiten zu können. Sie wird am Freitagabend bei meiner CD-Taufe im Gambrinus anwesend sein, was mich besonders freut.

Wenn wir uns in sieben Jahren zum nächsten Interview treffen, wo werden Sie dann stehen?
Oh Gott, was für eine Frage. Ich habe echt keinen Masterplan für mein Leben. Ich kann immer nur meinen nächsten Schritt angehen und weiss nicht, wohin der übernächste führt. Ich fühle mich aktuell sehr wohl und hoffe, dass ich das auch in sieben Jahren sagen kann. Alles andere wird sich finden.



angehängte Datei/Dokument: Ich bin ein Suchender.doc




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